"Triebswetter" von N. Balzer
Das Land ist flach, gerade Straßen streben
Der Mitte zu, die eine Kirche ziert:
Ringsum in Gärten blühen Bäume, Reben,
im steten wachsen sich dein Blick verliert…
Das Bild wird klarer: ein azurner Himmel
wölbt schütend sich darüber, und im Mai
entsteht an allen Ecken ein Gewimmelder
Weg in Feld und Flur ist wieder frei…
Sanft säuseln Winde in der warmen Heide,
und üppiger gedeiht das zarte Grün,
bis alle Äcker, Gärten wie Geschmeide,
entfacht durch rege Sonnenglut, erblüh`n.
Noch glühender danach die Sommertage,
und Kühlung bringt kaum eine kurze Nacht.
Doch hält sich alles in dem Land die Waage,
Der Mensch vertraut auch hier auf Gottes Macht.
Der Herbst verwöhnt uns Jahr für Jahr mit Gaben,
Für jeden steht wie sonst etwas bereit.
Und über alles fühlst du dich erhaben,
du meinst, es dauert eine Ewigkeit…
Doch ach, wie schnell hast du dieses Bild vergessen,
wenn dich der Glanz der fernen Welt betört!
Sofort verlässt du das, was du besessen,
verlässt die Heimat, die nur dir gehört…
Oft scheint uns so, als würden wir noch immer
Wie einst durch die vertrauten Gassen ziehn
Und lauschen nachts im goldnen Mondenschimmer
verzückt den heimatlichen Melodien!
Ich such dich Heimat schon seit vielen Jahren:
Die Menschen, deine Wärme, deinen Duft-
Ich weiß, ich werde dich nie mehr gewahren,
zu tief ist zwischen Einst und Heut die Kluft!
Das Land war flach, darin ein schmucker Flecken;
Dort habe ich das Licht der Welt erblickt.
Es ist vorbei; ich stelle fest mit Schrecken;
Dass er uns fürderhin nicht mehr erquickt…